PPL-USA

Stefan Reiber

PPL USA

Im Herbst 2005 geschahen Dinge, die ich mir so bis 6 Monate vorher nie hätte träumen lassen. Aufgrund eiserner Disziplin und eines didaktisch als auch fliegerisch hoch erfahrenen Fluglehrers (Viktor Rothe) gelang es uns als Team die Ausbildung zum privaten Piloten innerhalb 12 Tagen erfolgreich zu beenden, damit einen neuen Rekord in Viktors Statistik zu setzen und den Lebenstraum eines 20jährigen Studenten zu erfüllen.

Man mag nun denken, dass eine Ausbildung mit permanenter freier Sicht nach unten auf Felder, Straßen, Häuser nichts anderes als Vergnügen sei, das mit kleinen gemütlichen Lerneinheiten einher ginge. Aber dem ist ganz und gar nicht so. Ohne Fleiß kein Preis.

Meine erste Fliegerstunde sollte ich am 8.10.05, einen Tag nach meiner Ankunft im Days Inn Arlington, nach einem 10-stündigen Flug mit American Airlines haben. Viktor, der so wie ich am 7.10.05 ankam, genehmigte der bis dato 2-köpfigen Gruppe einen Rotwein und stieß mit mir auf eine schöne Zeit in Arlington an. An den abendlichen Umtrunk gewöhnte ich mich schnell – ein kühles Bier (Shiner Bock) nach einem harten Arbeitstag ist einfach unersetzlich.

Aufgrund guter bis sehr guter Wetterbedingungen, die eigentlich bis zu meinem Abflug am 23.10.05 andauerten, konnten wir am nächsten Tag fliegen gehen. Die Flugschule, mit der Viktor seit langem kooperiert, nennt sich Skymates und liegt keine 5 Minuten (mit Auto) vom Hotel entfernt. Alle dort arbeitenden Leute sind die ganze Zeit überaus freundlich und hilfsbereit gewesen, besonders Jack, Ryan und Trevis. Als Gruppe von 5 Leuten, von denen 3 innerhalb der 1. Woche nach und nach eintrudelten, genossen wir sämtliche Vorzüge, die Viktor durch eine langjährige Geschäfts-Partnerschaft aufgebaut hatte.

Außer mir war auch Andreas Bovensiepen (Andy), der sehr gute Leistungen zeigte und ein überaus unkomplizierter netter Geselle ist, zum amerikanischen PPL motiviert. Den deutschen Schein hatte er bereits in der Tasche, seine Leidenschaft sind Autos und Motorsport.

Kurze Zeit später lernte ich Gerhard Sauer (ohne Sauer keine Power) kennen. Mit 75 Jahren war er der Gruppenälteste. Er ist ein anständiger, sparsamer und unterhaltsamer Mensch, der noch mal in Begleitung fliegen wollte, bevor sich seine Augen verschlechtern.

Mit Dr. Wolfgang Krause war die Truppe dann komplett. Wolfgang ist ein völlig lockerer, angenehmer und sehr freundlicher Fliegerkollege, der auch bereits den deutschen PPL in den Händen hält und hier den Amerikanischen anfangen wollte.

Da mittlerweile die alten Cessnas 152 bei diversen harten Landungen verbogen und auf dem Flugzeugfriedhof in Lancaster gelandet waren, musste ich ausschließlich mit 172ern fliegen lernen. 

Die ersten Tage bis zum „first solo“ waren harte Arbeit und machten so gut wie keinen Spaß. Viktor verstand es meine Grenzen auszuloten und seine Methoden gezielt und effizient anzuwenden (um es harmlos auszudrücken). So kam es, dass ich nach 6 Tagen solo flog. Dabei hatte ich zum ersten Mal dieses Gefühl von Freiheit, das den Rest der Ausbildung andauern sollte.

Gegessen haben wir pro Tag nur einmal, meistens Abends, aber dann richtig. Immer wieder aufgesucht wurden das unschlagbare Steak House „Outback“ und das „Home Town Buffet“, in dem man sich den Magen voll schlagen konnte. Für Freizeitspaß war leider keine Zeit, denn wir alle hatten einen Job zu tun.

Einen Tag nach meinem first solo meldete ich mich aus lauter Übermut zur theoretischen Prüfung, die ich zu meinem Erstaunen recht gut meisterte (95%). Für unseren „Sklaven“ (gemeint ist Viktor, denn er nannte uns immer seine Sklaventreiber) war das natürlich eine unökonomische Investition, da Ergebnisse über 71 Punkte nur beweisen, dass zu viel Kapazität verbraucht wurde.

An 2 Abenden besuchten wir Jack, einen guten Fliegerfreund von Viktor, dessen Geschichten die Truppe bei Laune hielten. Oder wie Viktor zu sagen pflegte: “Die Stimmung der Truppe übersteigt wieder bei weitem ihre Leistungen“. Seine Frau und er sind nun weit über 80 Jahre alt, aber geistig hellwach und wie alle Amerikaner, die wir trafen, sehr freundlich.

Nach dem ersten Soloflug kamen dann Nacht- und Überlandflüge sowie Notverfahren, sodass ich am 17. meinen langen „Solo Cross Country“ Flug absolvierte, den ich in jeder Beziehung genoss.

Der 20. Oktober war als Prüfungstag angesetzt. Andy wurde zuerst geprüft. „He did a great job“. Um 2 Uhr war ich dann dran und wurde vom Examiner Les in der Flugschule empfangen. Er ist eine Seele von Mensch. Zuerst gab es eine Stunde Papierkram. Danach war ich so müde (davor eigentlich auch), ich hätte glatt vom Stuhl kippen können. Es folgten 2 Stunden oral exam, mit dem ich keine Probleme hatte. Der Testflug dauerte 1,5 Stunden. Es wurde wirklich jedes Manöver geflogen, ob stall, emergency procedeures, soft /short field take-off und landing.

Als ich am Schluss die Softfield-Landung versaute, war ich der festen Überzeugung, dass ich durchgefallen war. Doch als ich zusammengeknittert auf meinem durchgeschwitzten Stuhl die Nägel abknabberte, sagte Les beim Aussteigen, „Wait a minute, I’ll be back soon, just have to write your licence down“. Im ersten Moment habe ich es gar nicht begriffen, erst als mich meine Fliegergruppe heimsuchte wurde es mir klar: Ich hatte bestanden!

Leider war ich viel zu müde um mich zu freuen J.

Am folgenden Tag besichtigten wir Dallas und verabschiedeten uns von Wolfgang und später auch von Gerd und Andy. Doch noch war das Abenteuer nicht zu Ende. Am 22. ermöglichte mir Viktor eine Sache, die mit Sicherheit nur wenige Menschen jemals in ihrem Leben tun konnten: Ein Flug in einem 4 Tonnen schweren , 900 km/h schnellen Jet, dem L39, persönlichen geflogen vom Polizeichef von Dallas, Roma Skinner.

Nachdem alle Notfallprozeduren erklärt wurden und der Fallschirm angelegt war ging es los. Viktor flog in einer zweiten L-39 mit mir Formation bevor ich selber Loopings, Split-S, und Rollen fliegen durfte, IRRE!!! Dabei wirkten bis zu 5 g auf meinen Körper, was ich mit Pressen in der Magenregion kompensierte. Aber diese Aktion schaut man sich besser auf dem Video an. Und ja, irgendwo bin ich schon verrückt, aber das sind wir doch alle, oder?

Viktor und ich beschlossen die 2 Wochen Flugtraining mit einem schönen Nachflug um Dallas Downtown und einem letzten Steak im Outback. Am Sonntag verabschiedete ich mich dann Viktor am Flughafen Dallas Fort Worth International, und ich hatte einen angenehmen Rückflug. Alles in allem: Eine äußerst interessante Erfahrung.

– Stefan Reiber, 23.10.05, Hotel Days Inn, Arlington, Texas, 4 Uhr morgens